JULIA DAUKSZA MUSTANG

AUSSTELLUNG 26. Februar – 30. März 2019   KÖLN

Ausstellungsansichten © by Simon Vogel, Köln

Ausgewählte Werke (zum vergrößern auf Foto klicken) © by Simon Vogel, Köln

Pony Cars, Wildheit auf den Plattformen von "Daddy's car" - das Bewährte im neuen Kleid für den Jugendlichen der 60er und 70er. Nicht ganz - die Leistung der Motoren wurde erhöht, für heisse Rennen des Nachts auf den Highways und Ausfallstraßen, "denn sie wissen nicht was sie tun". Nur der Mustang hat überlebt, das erste Pony Car und auch das letzte seiner Art.

Der Mustang auf der nächtlichen Straße im Lichtkegel eines Fahrzeugs ist ein schutzloses Wesen. Vielleicht ist er aus der Koppel ausgebrochen oder jemand vergaß, das Gatter zu schließen. Nun ist er allein in der vorgeblich zivilisierten Wildnis. Seine Stärke und seine Furcht gestalten die Bilder Julia Daukszas. Den starken Furchtsamen muss das Leben als seltsame Herausforderung erscheinen, als eine Gefahr, die alles Unbekannte potenziell birgt und doch zugleich als grosse Verheissung. Auch der Mustang ist ein neugieriges Wesen.

Nachdem einige Maler sich von der abbildenden Form lösten und das Abenteuer der Abstraktion antraten, ist auch für diejenigen, die immer noch die dingliche Welt malen nichts mehr wie zuvor. Längst ist die Abstraktion kein Abenteuer mehr und keine neuen Menschen, Einsichten oder gar Lebensweisen sind so ohne weiteres in ihr zu erhoffen. Doch die Malerei der Gegenstände konnte nicht einfach bei 1850 anknüpfen, hatte sie und mit ihr die bürgerliche Gesellschaft doch viel mehr verloren: den Glauben, das Wissen um antike Mythen und somit die Motive für ihre dramatischsten Themen.

Heute erscheint die Malerei der Dinge als eine Malerei der Innenwelt, weniger surreal, als denn im Sinne von Picabia oder Bacon (jeweils auf ihre höchst unterschiedliche Weise) und diese neugewonnenen oder neuausgestalteten Dimensionen fordern die Maler immer noch. Der kühle postmoderne Picabia eines David Salle und der beruhigte Bacon von Lucian Freud weisen auf Entwicklungen, die sich still, aber mit einiger Geschwindigkeit bis heute vollziehen.

Sind dies überhaupt lebendige Wesen, da auf der Straße oder die Visionen eines übernächtigten Fahrers? Wovor schützen sich die Portraitierten? Was wäre, wenn die Welt in ihre Einzelteile zerfällt? Und was ist ein schwebendes Fahrzeug? Macht? Die Furcht vor dem Absurden? Oder stürtzt es? Ist es Ikarus?

Wenn es Ikarus ist, so wird er von der Sogwirkung der Zentralperspektive in den Bildraum gerissen, es wird zu einer Kollision kommen, mit Lebewesen oder Chimären. Doch es ist kein Rausch der Geschwindigkeit spürbar, kein geifernder Dionysos, keine tobenden Backchen. Eher ein Heimweg nach dem Tosen und Toben. Innere Bilder auf einem gar nicht so geraden Lebensweg. Gemalt werden die Gedanken zum Brummen des V8. 

Die Figurative Malerei hat überlebt, als Malerei der Gedanken, Figuren die keine Kamera einfangen kann und kein abstraktes Gemälde darzustellen vermag. Eigentlich ist das nun erst wirklich die Pittura metafisica - sie ist noch auf der Suche und wird es vielleicht immer bleiben. Manchmal entledigt sie sich ihrer schützenden Hülle und macht sich auf den Weg, des Nachts, dem Mustang folgend.

Oliver Tepel