ROBERT ELFGEN BRÜDER UNGEWISS
AUSSTELLUNG 7. Oktober - 4. November 2022 KÖLN
Ausstellungsansichten © by Simon Vogel, Köln
Nehmt Abschied Brüder
Ungewiss ist alle Wiederkehr
Die Zukunft liegt in Finsternis
Und macht das Herz uns schwer
…
Das Lied, „Nehmt Abschied Brüder…“, das gleich in der ersten Strophe den Titel der Ausstellung und deren zentralen Arbeit liefert, basiert auf der Melodie des bekannten „Auld Lang Syne“, was in England traditionell zum Jahreswechsel gesungen wird in Andenken an die Verstorbenen des vorangegangenen Jahres. Claus Ludwig Laue schuf 1946 eine deutsche Version, nachdem er das englische Original womöglich im Kriegsgefangenenlager gehört hatte, gesungen von englischen Soldaten. Robert Elfgen kennt die deutsche Version wiederum aus seiner Kindheit bei den Pfadfindern, wo es zum Abschluss jeder Fahrt oder Zeltlagers gesungen wurde.
Eine Lagerstatt bildet auch die Szenerie der Ausstellung. Die zentrale Arbeit BRÜDER UNGEWISS besteht aus sechs Teilen. Ein Mond ragt hoch an der Wand über einem Lager mit vier Bettstellen um ein erloschenes Feuer. In Bodenhöhe stehen 4 Bilder, auf Holz gemalt und durch montierte Stoffe ergänzt, im Karree um die Feuerstelle. Auf den Bildern sind drei „Brüder“ zu sehen, schlafend unter karierten Decken. Eine vierte Bettstatt ist leer, die Decke schon (oder noch) zusammengefaltet. Statt eines Schlafenden ist eine leere Landschaft, ein Horizont zu erkennen. Die vier Tafeln sind rings um die Feuerstelle, eine alte Felge mit verkohlten Holzstämme, auf Bodenhöhe an den Wänden montiert. Eine Tafel steht frei im Raum, gestützt von einem gebogenen Holz, das wie ein Ständer eines Zweirads leicht gekippt das Gewicht abfedert. Tatsächlich ein Teil eines Bogens, der hier einem neuen Zweck zugeführt wurde. Elfgen ist bekannt dafür, dass er vorgefundenes Material verwendet für seine Arbeiten. Für diese Ausstellung hat er aber alles mitgebracht oder vielmehr zurückgebracht in seine alte Heimat Weilerswist und Köln, die er erst im Sommer verlassen hatte Richtung Frankreich. Sogar die Buttermilch für die optische Barriere am Schaufenster, dessen untere Hälfte er damit mehrfach übersprühte, stammt aus Frankreich. Der leicht säuerliche Geruch, erzeugt in der Ausstellung ein Stallatmosphäre, was zum Lager der Brüder passt. Man Kann seine Installation auch als einen Abschied ansehen. Im Sommer schloss auch das Dominikanerkloster in der Nachbarschaft der Galerie in der Lindenstraße. Die wenigen schon älteren Brüder zogen noch einmal um. Die Kirche wurde geschlossen. Robert Elfgen hat eine besondere Beziehung zu den Dominikanern in Köln. 15 Jahre führte er die Schreinerei im Dominikanerkloster Walberberg, einen Ableger des Klosters in Köln. Es wurde bereits 2004 geschlossen. BRÜDER UNGEWISS vereint Bilder aus vielen verschiedenen Geschichten, christliche und heidnische.
Durch den stark narrativen Charakter, lädt BRÜDER UNGEWISS den einzelnen Betrachter schnell dazu ein, sich als Teil der Installation zu empfinden. Das leere vierte Lager könnte dann seines sein. Der einzige Wache also unter den Schlafenden? Der Künstler integriert den Betrachter in die Arbeit, indem er ihn in seine eigene Geschichte zurück schickt. Er beantwortet die Fragen des Betrachters nicht, aber er gibt ihm das Gefühl, dass er sich bei seiner eigenen Geschichte, seiner Interpretation, gesehen fühlen darf und damit in eine Sicherheit, die das ständig Ungewisse beruhigt?